29. Mai 2023

Abendliche Programme in 48 Kirchen im Saarland: „Einfach mitreißende Stimmung“ bei der Nacht der Kirchen


An Pfingsten haben christliche Gemeinden im Saarland die zehnte saarlandweite Nacht der Kirchen gefeiert. Das gemeinsame Motto der Aktion im diesem Jahr, „ZUSAMMEN:HALT“, stellte das Miteinander in Kirche und Gesellschaft in den Mittelpunkt. Etwa 9.000 Menschen haben sich nach ersten Schätzungen in der Pfingstnacht auf den Weg in die fast 50 saarländischen Kirchen gemacht.

„Es gibt so viele tolle Angebote, es ist schade, dass ich nicht alle besuchen kann“, sagt Rita Wild, die ihren Plan für den Abend bereits gemacht hat. Sie ist in der Evangelischen Kirche Sulzbach unterwegs. Dort ist knobeln und rätseln als Gruppenerlebnis angesagt.  Teams können sich an einem Escape Room versuchen, um gemeinsam den „Schatz der Kirchengemeinde“ zu heben. „Wir haben gedacht, mir machen mal was ganz anderes“, erzählt Presbyterin Cathrin Broh. Gerade ist eine Gruppe Jugendlicher voller Elan am Entschlüsseln einer Botschaft. Zu schwer? „Das Flaschenrätsel am Anfang war schwieriger“, meint eine der Saarbrücker:innen, die extra für dieses Erlebnis nach Sulzbach gefahren sind. Am Ende, so viel sei verraten, erreichen auch sie den Schatz – einen Spiegel, denn „der Schatz einer Gemeinde sind immer die Menschen“.

Auch in der Jugendkirche MIA in Weiskirchen-Rappweiler stehen Menschen im Mittelpunkt. Dort erstrahlte der Innenraum in pfingstrotem Licht. Kirchenbänke markieren kleine Themen-Inseln, die den Kirchraum füllen. Alle zwölf Stationen drehen sich um verschiedene Aspekte der Menschenwürde wie Respekt oder Nächstenliebe, manche mit Tafeln, andere mit Fernseher oder Tablet, mal mit Ohrensessel zum Verweilen und Wirken lassen. Im Mittelpunkt: kleine Könige, Holzskulpturen des Künstlers Ralf Knoblauch, die symbolisieren, dass jeder Mensch Königswürde hat. „Gerne würden wir den Raum dauerhaft so frei nutzen“, erzählt Gemeindereferent Jörg Mang, der die mit Liebe zum Detail gestalteten Stationen erdacht und auch den Kontakt zum Künstler hergestellt hat. Das sei einfach eine ganz andere Art, den Kirchraum wirken zu lassen. Für’s Erste aber bleibt die Atmosphäre der Pfingstnacht vorbehalten.

„Zusammen in der Pfingstnacht: Haltmachen, Zuhören und Mitsingen“, war das Programm in der Pfarrkirche St. Martin in Siersburg überschrieben. „Die Stimmung heute Abend war einfach mitreißend!“, schwärmt eine Besucherin. Beim gemeinsamen Singen von „Oh happy Day“ mit dem Gospelchor Modern Church Choir Nalbach hält es keinen der rund 450 Gäste auf den Kirchenbänken. „So voll war die Kirche seit Jahren nicht mehr“, bestätigt auch Margret Stöhr.

Ortswechsel: Eine ganz andere Stimmung empfängt zu vorgerückter Stunde die noch etwa 40 Gäste in der Kirche St. Johannes in Noswendel, der „Kirche der Nachhaltigkeit“. Entspannend ist es hier, fast meditativ. Bei dezenter Musik werden Naturaufnahmen aus Noswendel gezeigt. Mehrere Frauen gestalten ein großformatiges Kunstwerk mit, malen Kleintiere und Insekten auf eine Blumenwiese. Im Foyer genießen andere Brot, Käse und Wein. „Wunderbar“, findet Tanja Buchheit-Thewes vom Leitungsteam des Pastoralen Raums Wadern die Atmosphäre.

Zum Ausprobieren ausdrücklich eingeladen sind auch die Besucherinnen und Besucher in der Kirche St. Eligius in Saarbrücken-Burbach. Nina Thomas von der Glasmalerei Frese GmbH in Saarbrücken zeigte, wie das Glas für Kirchenfenster bemalt wird und drückte den Gästen kurzerhand Pinsel, Kratzer und Feder selbst in die Hand.

Bevor die Programme in den Kirchen starteten, wurde die Nacht der Kirchen mit einem berührenden ökumenischen Gottesdienst in der Saarbrücker Kirche der Jugend eli.ja eröffnet. „Den Kirchen ist der Zusammenhalt in der Gesellschaft ein stetes Anliegen“, betonte Superintendent Markus Karsch, der den Gottesdienst zusammen mit dem katholischen Jugendpfarrer Thomas Hufschmidt leitete. Christen wollten „nicht nur für sich selbst einstehen, sondern auch für andere, für die, die Hilfe brauchen oder für ein übergeordnetes Wohl“.

Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt rief in seinem Grußwort im Gottesdienst dazu auf, zusammen bewusst Halt zu machen, um zu schauen, was einem selbst besonders wichtig sei. „Als Christen wissen wir, dass wir nicht allein sind, aber in der Gemeinschaft lebt es sich besser.“

Passend dazu kamen im Interview mit Anna Werle, Ökumenereferentin im Bistum Trier, drei Menschen zu Wort, die in ihrem Leben Erfahrungen von Verlust, Hoffnung und Neuanfang erfahren haben und erzählten, was Zusammenhalt für sie bedeutet. Mit Tränen in die Augen berichtete Marina Mokin davon, wie sie vor Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kam. Am Anfang sei es nicht leicht gewesen, gerade mit der deutschen Bürokratie und der fremden Sprache. Schließlich habe sie dank des Zusammenhalts hier „ein Zuhause gefunden.“ Ute Seibert, Leiterin des Saarbrücker Paul-Marien-Hospizes, berichtete von der Begleitung von Menschen auf ihrem letzten Weg. Ehrenamtliche seien diesen Menschen mit unheilbarer Diagnose „ein Halt, ein Geländer“ im Blick darauf, „was die Menschen noch haben, nicht, was sie nicht mehr haben“. Stefan Mörsdorf, ehemaliger saarländischer Umweltminister, der sich nach einer schweren Krankheit ins Leben zurückkämpfte, warb für Gottvertrauen und stete Hoffnung.

Schülerinnen und Schüler der Musikschule Chun sowie eine Gesangsgruppe der Jugendkirche sorgten für eine stimmungsvolle musikalische Umrahmung. Ausgestattet mit dem Pfingstlicht machten sich die 350 Gäste nach der Eröffnung auf, die weiteren Angebote in der Pfingstnacht zu erkunden.

Für Rita Wild hat es sich übrigens gelohnt. „Ich habe so viele schöne, berührende, witzige, geistreiche Erlebnisse gehabt“, freut sie sich am Ende einer langen Tour durch vier offene Kirchen.

 

Die Nacht der Kirchen wurde unterstützt von der Pax-Bank, Saartoto, der Stiftung GLAUBEN.LEBEN, der Regierung des Saarlandes, der vvb und dem Sparkassenverband. Medienpartner ist der WOCHENSPIEGEL.





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